Taktischer Schaft für Schwedenmauser, Teil 2

Schwedenmauser M63_01

Nachdem der Entschluss gefasst war, zwei Schwedenmauser zu kaufen, um einen dafür passenden Schaft in Eigenregie zu entwickeln, wurde erst mal online nach dafür verfügbaren Waffen geschaut.

Der naheliegende und unter Schützen und Jägern sicherlich bekannte Online-Marktplatz wurde dafür aber nicht ausgewählt. Uns ging es vielmehr darum, Gewehre ausprobieren und ggf. zurückgeben zu können, falls wir mit der Schussleistung nicht zufrieden sein sollten. Fündig geworden sind wir schließlich bei der Firma CDS Ehrenreich, die eine ganz ansehnliche Auswahl an Gewehren auf Lager hatte. Für die online angebotenen Repetierer gab es vom Händler zudem gleich eine Einschätzung zu den Zuständen von Brünierung, Schaft und Lauf – was uns bei der Auswahl sehr geholfen hat. Zwei Matchgewehre M63 sind es schließlich geworden, von dem eines wieder zurück geschickt wurde. Das erste M63 habe ich behalten, das zweite wurde ca. zwei Wochen später durch einen „normalen“ Mauser M96 ersetzt und ging an meinen Schützenkollegen.

Für uns ergab sich daraus eine kleine Unsicherheit, ob sich die beiden Systeme später nicht doch noch irgendwo maßlich Unterscheiden würden, darauf musste einfach nochmal besonderes Augenmerk  geworfen werden. Das ging natürlich erst, sobald beide Systeme ausgeschäftet waren.

Die ersten Schritte war folglich, das (zuerst verfügbare) System M63 auszuschäften, es genauestens zu vermessen und davon im CAD ein Modell zu erstellen.

 

Ausschäften

Zwei Stunden Arbeit für drei Schrauben, das war so nicht geplant! Das M63 besitzt wie das M96 zwei Schlitzschrauben (war damals halt so) an der Unterseite des Abzugsbügels/Magazinschachts, die das System durch den Schaft fixieren. Zusätzlich hat das M63 noch eine weitere Schraube quer durch den Holzschaft, die für mich unerklärlich fest saß. Ich habe mein gesamtes Körpergewicht (und das ist nicht wenig) auf den Schlitzschraubendreher verlagert und dann am – dort glücklicherweise vorhandenen – Sechskant nochmal einen Maulschlüssel angesetzt. Im Schneckentempo ging die Schraube dann einige Gewindegänge raus, der Kopf war aber schnell hinüber, sodass ich diesen dann schließlich anbohren und die Schraube mit einem Linksausdreher rausholen musste.

 

Ein Blick ins Innere lässt erkennen, dass das System des M63 zusätzlich mit Harz ausgegossen wurde. Beim M96, der später auch noch ausgeschäftet wurde, war das allerdings nicht der Fall.

 

 

Hier nochmal die Einzelteile des M63 ohne Schaft:

 

 

Und hier die beiden Systeme M63 (oben) und M96 (unten) im Vergleich:

 

 

CAD-Modell

Jetzt begann der Teil der Arbeit, bei dem die meiste Sorgfalt notwendig war, denn alle auf einem ungenauen Modell basierenden Konstruktionen würden später zu Passungenauigkeiten beim Zusammenbau aller Teile führen. Beim Hantieren mit dem ausgeschäfteten System ist mir dann erstmals aufgefallen, dass das M63 einen Lauf sowie einen Matchabzug von Schulz und Larsen hat – eine Firma deren Namen eine gute Präzision verspricht. Als ob ein M96 davon von Haus aus zu wenig hätte! Egal, was man hat, das hat man.

 

Nachdem die Systemhülse im CAD war, konnte dann damit begonnen werden, den Schaft mit allem Drum und Dran zu konstruieren. Zuvor gab es noch eine Konstruktionsbesprechung mit meinem Kollegen, in der alle wichtigen Merkmale festgehalten wurden, die dem jeweiligen Schützen am Herzen lagen. In den meisten Punkten gab es Übereinstimmung, nur bei wenigen mussten wir Kompromisse eingehen.

Tja und einige Eigenschaften des Schwedenmausers waren bauartbedingt einfach schon vorgegeben, damit musste man später einfach fertig werden. Hier eine kleine Auswahl wichtiger Punkte aus unserem Lastenheft:

  • Pistolengriff muss einfach sein.
  • Picatinny-Schiene und ZF am fertigen Gewehr sind ebenfalls Pflicht, doch wie und wo soll die Schiene befestigt werden? Eine seitliche Montage am Schaft kam für uns beide nicht in Frage. Vorgefertigte Picatinny-Schienen zur Montage auf die Systemhülse wären eine Möglichkeit, doch für Schwedenmauser leider Fehlanzeige, zumindest habe ich keine gefunden.
  • Und was geschieht mit dem geraden Kammerstengel, wenn eine Lösung für Schiene und ZF gefunden sind? Eine Kollision beim Repetiervorgang wäre hier später unvermeidbar. Absägen und Umbiegen wären möglich, sind aber nur mit Waffenbearbeitungserlaubnis durchführbar (ja, auch das Umbiegen!).
  • Ein Magazin soll unbedingt verwendet werden. Soll hier ein Kaufteil oder ein Eigenbau (evtl. durch Rapid Prototyping) zum Zuge kommen? Das bisherige Laden mit Ladestreifen würde bei erfolgreicher Verwendung von Picatinny-Schiene mit ZF jedenfalls nicht mehr möglich sein, da dieser von oben nicht mehr hätte zugeführt werden können.
  • Wie gestaltet sich die Griffaufnahme, wenn genau dort eigentlich irgendwo noch die Systemschrauben untergebracht werden müssen?

Nach und nach wurde das Lastenheft abgearbeitet und bei einigen Details konstruktionstechnisch nochmal die eine oder andere Extrarunde gedreht. Die nachfolgenden Bilder zeigen jedenfalls den Werdegang des Projekts im CAD in groben Zügen. Einige Kaufteile sind dabei gleich mit visualisiert worden, so z.B. Zielfernrohr Sightron SIII 8-32×56, HM-Montageringe 12,7mm, Magpul PRS Schaftkappe, AR15-Griff, 5-Schuss-Magazin Tikka T3, Riemenbügelöse und Zweibein.

 

Natürlich waren nicht alle benötigten Teile sofort vorhanden und so wurde die CAD-Konstruktion teilweise durch die Lieferzeit von Kaufteilen unterbrochen, wenn deren Vermessung für die Konstruktion angrenzender Teile wichtig war. Nach insgesamt knapp 4 Wochen war das Design dann schließlich abgeschlossen und das komplette Konzept wurde bei einem Betrieb für zerspanende Metallarbeiten vorgestellt. Nach der Konstruktionsbesprechung wurde vereinbart, zunächst einen Kunststoffklotz mit sämtlichen für die Aufnahme der Systemhülse wichtigen Geometrien nebst einigen Kleinteilen für den Magazinauswurf anzufertigen. Über das Ergebnis werde ich im nächsten Beitrag berichten.

 

Hier geht es zum dritten Teil der Serie…

 

 

Taktischer Schaft für Schwedenmauser, Teil 1

Haenel RS 9_1

 

Für den letzten zweitägigen Besuch eines Truppenübungsplatzes habe ich mir vorgenommen, meine Savage 10 BA  – ggf. mit der dafür neuen Laborierung 200 gr. HPBT – auf eine Distanz von 1000m zu schießen und eine Drop-Chart für mein AR-15 von Hera Arms zu erstellen.

Erstes hat leider nicht wirklich geklappt, dafür habe ich die Munition leider zu zaghaft laboriert, letzteres lief dafür umso besser. Jedenfalls hat sich gegen Ende des Events für mich noch die Gelegenheit ergeben, auch einige Waffen von Schützenkollegen auszuprobieren. Das hat für mich einige überraschende Erkenntnisse gebracht und somit den Grundstein für mein nächstes – und bisher aufwändigstes – Projekt gelegt: Den M63 Long Range Sniper im Kaliber 6,5×55 Schwede.

Über den Fortschritt werde ich in den nächsten Wochen, vielleicht sogar Monaten, weiter berichten.

Ausschlag gebend war ein Vergleich zwischen Haenel RS9 im Kaliber .338 Lapua Magnum (dem neuen Scharfschützengewehr der Bundeswehr), einem alten Schwedenmauser von 1912 im Zubehörschaft (Hogue, glaube ich) und einer Tikka T3, ebenfalls im Kaliber 6,5×55 Schwede, jedoch mit nur 60cm langem Lauf.

Anvisiert wurde mit allen Gewehren ein Ziel in 1200m Entfernung bei ca. 2m/s Seitenwind aus ca. 9 Uhr. Die ersten Schüsse wurden aus dem Haenel RS9 abgefeuert, der Besitzer hatte das ZF bereits korrekt eingestellt. Haltepunkt war ca. 0,8m links vom Ziel. Auf den ordentlichen Rückstoss folgte wie erwartet ein Treffer.

 

Wechsel zum Schwedenmauser: Hier wurde die Systemhülse vom Besitzer in einen neuen Schaft gebettet (leider kein Pistolengriff) und ein Zielfernrohr mit seitlicher Montage verwendet. Bei gleichen Windverhältnissen hat sich schnell heraus gestellt, dass der Haltepunkt lediglich ca. 0,3m links vom Ziel sein musste. Auf den Rückstoss, vergleichbar mit dem Kaliber .308 Win., folgte bei recht gestreckter Flugbahn des Geschosses dann der Treffer.

Was zum…?

Echt jetzt?

Das hatte ich nicht erwartet und hat mich schon ein wenig sprachlos gemacht: Dieses Gewehr ist Long-Range tauglich? Nicht zu fassen! Tja, aber das kommt davon, wenn man sich nicht richtig mit den Dingen befasst und leichtfertig abtut. Die Unempfindlichkeit gegen Wind bzw. Seitenwind ist einfach bemerkenswert, das kann man natürlich nicht erfahren, wenn man das Gewehr nur auf Entfernungen von 100-300m und dann ggf. noch disziplinen-konform mit Diopter, einsetzt.

Laut Besitzer des Schwedenmausers war das Gewehr eine reine Low-Budget-Sache: Für weniger als 500 Euro wurde das Gewehr selbst, ein neuer Schaft und ein günstiges ZF gekauft. Schwierig würde es mit dem Treffen angeblich erst ab einer Distanz von ca. 1600m werden!

 

Bliebe da noch die Tikka T3, der ich wegen des kurzen Laufs von nur 60cm eigentlich nicht zugetraut habe, auch auf 1200m  zu treffen, aber auch hier wurde ich eines Besseren belehrt. Der alte Haltepunkt konnte sogar beibehalten werden.

Was das Kaliber 6,5×55 Schwede zu leisten vermag, hat mich an diesem Tag schwer beeindruckt! Und so habe ich in den darauf folgenden Tagen angefangen, nach für mich passenden Schäften mit Pistolengriff zu suchen, um mir ebenfalls ein günstiges Long-Range-Gewehr zusammenzustellen – doch leider ohne Erfolg. Hätte ich auf den Pistolengriff verzichten wollen, wäre da schon was zu finden, allerdings leider nichts mit taktischem Aussehen. Alternativ hätte man sich ebenfalls eine Tikka T3 in 6,5×55 Schwede kaufen können, dann wäre die Sache mit einem Schlag erledigt gewesen, genau so, wie dann auch ca. 1300-1400 Euro (ohne ZF) weg gewesen wären.

Ein Schützenkollege, dem ich davon erzählt habe und der mit seiner kürzlich gekauften Remington 700 in .308 Win. nicht 100%ig zufrieden war, war da eher kurzentschlossen und hat schließlich vorgeschlagen, ganz einfach selbst einen Schaft zu entwickeln. Ausschlag gebend dafür war, dass der Kollege mir glaubhaft versichert hat, dass eine Systembettung nun auch kein Hexenwerk sei. Hinzu kommt, dass die auf dem Markt für den Schwedenmauser verfügbaren Zubehörschäfte weder einen Pistolengriff, noch ein taktisches Aussehen haben. Die Idee war somit geboren und so haben wir uns auf die Suche nach zwei Schwedenmausern gemacht…

 

Hier geht es zum zweiten Teil der Serie…